Sie kommt aus einem kleinen Dorf, jede Stunde fährt der Bus in die große weite Welt, in die Stadt. Hier gibt es McDonalds, Starbucks und H&M – früher hat sie in umgekehrter Reihenfolge ihr Taschengeld in diesen Läden gelassen und nun wohnt sie wirklich hier. Ihre WG ist total abgefahren, Björn hört nur Schranz und ist auch sonst nur minimalistisch anwesend, Jenni war früher ihre beste Freundin – in der Schule.
Und da fängt es schon an, beim Einzug wurden die Wände gemeinsam und voller Elan mit drei orangenen Streifen im Wohnzimmer und knallig grün in der Küche gestrichen, heute ist nur noch die Luft ab und an grün. Und Jenni blau. Aber das war sie wohl vorher schon, nur war ihr das nie aufgefallen, auf einer dieser zahlreichen Scheunenfeten. Ok, auf der Born for Korn hat sie auch am Oldesloer genascht, und es bereut. Aber Jenni sieht fast jeden Morgen so aus, wie sie sich nach dieser Fachschaftsparty gefühlt hat, allerdings bringt sie auch dem Pegel entsprechend immer mal einen vierten Mitbewohner für eine Nacht mit nach Hause.
Bei Björn ist es anders, er ist entweder tagelang allein in seinem Zimmer oder er ist zwei Wochen komplett verschollen. Der Putzplan ist eine reine Zierde im Flur, ebenso die zwei Kästen Bier. Im Gegensatz zum Toilettenpapier füllen die sich aber scheinbar immer wieder von selbst auf. Es ist schon alles nicht mehr wie damals. Die Wäsche, das Frühstück und die GEZ übernimmt nicht mehr Mutti, aber das war ja schon vorher klar. Aber Jenni, die ist anders.
Es hatte so toll angefangen, gemeinsames Kochen und am Abend ein Glas Wein, viel Getratsche und lustige Einführungsveranstaltungen. Was Jenni so macht sieht sie mittlerweile nur noch auf Facebook: Jenni nimmt teil an „Durch die Decke and never come back“ im N8-Club, Jenni ist hier „Level 5 – Smoky Pot WG“ mit 27 anderen oder an der Statusmeldung ein Zimmer weiter: „Wer ist dieser Popeye-Tätowierte neben mir und wo sind unsere Klamotten“ – Björn gefällt das…